Auf geht’s!
Es war noch nicht ganz hell, als die Hälfte unserer Crew am Donnerstagmorgen aus den Kojen kroch: Wir wollten los zur Classic Fyn Rundt vom Kerteminde Sejlklub, der vielleicht letzten Regatta mit unserem jetzigen Boot. Kurz vor Sonnenaufgang legten wir ab, setzten die Segel und machten uns bei schwachem Wind auf den Weg. Die vier wachen Segler konnten einen wunderschönen Sonnenaufgang genießen…
Während wir auf die Mecklenburger Bucht hinaussegelten wurde der Wind allmählich stärker, die Wellen höher und gegen acht Uhr riss der Wind den inzwischen 20 Jahre alten Spinnaker durch und damit alle anderen aus dem Schlaf. Nichts macht schneller wach als das plötzliche Bergen eines zerrissenen Segels! Da wir uns kein Frühstück vorbereitet hatten und dies bei Seegang ein sehr unangenehmes Unterfangen darstellt, haben wir uns vorerst mit Knoblauchbrotchips und Snickers zufriedengegeben. Erst im Windschatten von Langeland, wo die See viel ruhiger war, schmierten wir uns ein paar Frühstücksbrote.
In Kerteminde angekommen ließen wir die Überführung mit einem entspannten Grillabend und voller Vorfreude auf die Regatta ausklingen. Wir sollten sogar Gelegenheit bekommen, uns mit einem anderen Eintonner („Turbo“) zu vergleichen!
Nach einem leckeren Frühstück im Vereinsheim des Sejlklub am nächsten Morgen (Danke!) bereiteten wir die Universitas auf die Regatta vor. Für die ersten paar Stunden erwarteten wir kaum Wind: „Haltet den Anker bereit!“, scherzten wir. „Dann treiben wir wenigstens nicht rückwärts!“ Um 10:45 fiel der Startschuss. Nun waren wir erstmal mehr auf unsere Augen als auf unsere Segelkünste angewiesen: Wo ist das günstigere Windfeld? Wie kommen die anderen voran? Was ist mit der Strömung? Langsam, ganz langsam, bewegte sich das Regattafeld auf die Großer-Belt-Brücke zu und diffundierte dabei immer weiter auseinander. Der geringe Wind sorgte dabei für einige skurrile Situationen: So segelten wir zum Beispiel wenige hundert Meter parallel neben einer 12mR Yacht, die Genua und Groß auf Backbord stehen hatte, während bei uns Spinnaker und Groß auf Steuerbord standen. Wenig Wind hat allerdings auch seine guten Seiten: Wir konnten zum Mittag problemlos Nudeln kochen und essen.
Getümmel vor der Startlinie
Schließlich war es Turbo, der uns ein günstiges Windfeld zeigte, in dem wir dann endlich zur Großer-Belt-Brücke segelten. Nach etwa fünf Stunden unterquerten wir die Brücke und von da an konnten wir mit Halbwind- bis Amwindkurs im Großen Belt Richtung Süden segeln. Ich persönlich habe von diesem Abschnitt der Regatta nichts mitbekommen, da ich mich zwei Stunden schlafen gelegt habe.
Endlich! Die Brücke kommt näher.
Gegen Abend erreichten wir die südöstlichste Ecke von Fyn. Kurz nach dem Einlaufen in den Svendborgsund drohten unsere Späße vom Morgen wahr zu werden: Unter Land wurde der Wind immer weniger, der Strom dafür immer mehr. Beide kamen von vorne. Geduldig fuhren wir eine Wende nach der anderen und versuchten die Breite des Sundes maximal auszunutzen. Mehr als einmal steckte der Navigator dabei seinen Kopf aus dem Niedergang und sagte: „Oh, auf der Karte sah das Land nicht so nah aus!“ Inzwischen hatten wir nur noch wenige Boote in Sichtweite um uns herum, das Feld hatte sich ein wenig in die Länge gezogen. Turbo lag, seinem Namen gerecht werdend, vor uns.
Kein Wind von vorne und Strom gegenan im Svendborgsund
Als der Sund wieder breiter und tiefer wurde und wir das letzte Mal an diesem Tag erfolgreich gewendet waren, legte sich ein Teil der Crew in die Kojen um in der Nacht ein wenig zu schlafen. Wir sind ein flexibles Wachsystem gefahren, wer vor Müdigkeit die Augen nicht mehr offen halten konnte hat sich einfach eine Runde schlafen gelegt. Da die Regatta „nur“ etwa einen Tag dauerte, funktionierte das auch ganz gut. So segelten wir mit reduzierter Crew an Deck entspannt die Südwestseite von Fyn entlang, inzwischen bei etwas mehr Wind. Kabellänge für Kabellänge arbeiteten wir uns an Turbo heran und überholten dabei einige andere Yachten. So richtig dunkel war es dabei nicht besonders lange, ungefähr auf Höhe der Insel Helnæs wurde der Himmel langsam wieder hellgrau und wir stellten uns vor, wie es wäre, wenn jetzt ein Schlauchboot am Leuchtturm ablegen und uns frische Brötchen bringen würde...
Volle Konzentration vor der nächsten Wende im Svendborgsund
Mit dem Morgen kam ein neuer Kurs und es wurde wieder Zeit, den Spi zu setzen. Mit wenigen, unproblematischen Halsen ließen wir uns vorm Wind den Kleinen Belt hinaufziehen (leider immer noch hinter Turbo), segelten an Middelfart und Fredericia vorbei und passierten die vierte und letzte Brücke der Regatta.
Auf der Nordseite von Fyn mussten wir den Spi leider wieder einholen, dafür ging es unter Genua und Groß zügig mit halbem Wind voran, Zeit für uns, eine Weile auf der hohen Kante zu sitzen, Segel zu trimmen und ab und zu ein wenig einzudösen. Wir schafften es leider nicht mehr, Turbo einzuholen und mussten stattdessen dabei zusehen, wie ein kleiner dänischer Trimaran und ein skandinavischer Matchracer an uns vorbeizogen. Als ob er uns nochmal zeigen wollte, dass er nicht nur gemütlich dahinpusten kann, frischte der Wind immer mehr auf und kurz bevor wir wieder in den Großen Belt einliefen, refften wir das Großsegel.
Mit reduzierter Segelfläche kreuzten wir dann endlich, mit der Ziellinie in Sicht, wieder in die Kerteminde Bugt ein. Jetzt konnten alle nochmal zeigen, wie wach sie waren und winschen, abziehen und hiken was das Zeug hält. Nach einem Tag, zwei Stunden, acht Minuten und drei Sekunden überquerten wir schließlich die Ziellinie und holten die Segel ein. Kann man von einem Sieg reden, wenn man als Einziger in seiner Wertungsklasse (ORC) antritt? Egal, gefreut haben wir uns trotzdem. Beim nächsten Mal segeln wir hoffentlich mit einem dänischen Handicap... Im Hafen gönnten wir uns erstmal wieder was „richtiges“ zu essen: „Gemüse con Salami“ aus unseren immer wieder Aufmerksamkeit erregenden Hundenäpfen. Während wir alle ein wenig entspannten und die Regattasegel verstauten, machte sich der Skipper daran, die Rücküberführung zu planen. Die Entscheidung für den Ablegezeitpunkt stand schnell: „Sonntag ist Flaute, wir essen auf, waschen ab und machen uns wieder auf den Weg“.
Nach dieser kurzen Pause segelten wir also gleich weiter, unterfuhren noch einmal die Großer-Belt-Brücke, ließen uns von unserem Spinnaker an Seeland und Falster entlang Richtung Rostock ziehen und mit ein bisschen Dieselhilfe erreichten wir am nächsten Morgen müde und zufrieden die Warnow.
Jonas