Bericht zur Überführung der Universitas zum Fastnet 2021
Tag 1 - Tag 11
Zur aktuellen Position der Universitas
Tag 11 (07.08.2021): Immer ist alles anders als geplant
Tag 9 und 10 (05. - 06.08.2021): Die letzten Vorbereitungen
Am Donnerstagmorgen wollen wir etwas ausschlafen. Doch scheinbar sind wir schon so ans Wachsystem gewöhnt, dass bereits am frühen Morgen Unruhe im Schiff aufkommt. Wir starten eine Erkundungstour zum nächsten Bäcker und besorgen frische Croissants und Baguettes. Nach dem Frühstück werfen wir einen Blick auf die To-do-Liste und verteilen die zahlreichen Aufgaben. Unter Deck herrscht zwischenzeitlich buntes Treiben. In der Naviecke werden die Wegpunkte einprogrammiert, im Salon wird gleichzeitig genäht, gespleißt und das Gemüse fürs Mittagessen geschnippelt und dazwischen hängt Wäsche von den provisorisch aufgespannten Wäscheleinen herab. Als kleine Entspannungspause und Einstimmung der Crew auf die Regatta schauen wir nach dem Essen ein Video von Profi-Navigator Ian Moore über die Taktik beim Fastnet-Race. Nach der kurzen Verschnaufpause geht es weiter. Bevor die Stimmung am späten Abend zu kippen droht, beschließen wir die restlichen Arbeiten auf den nächsten Tag zu verschieben und auf ein Bier bei der Haspa Hamburg vorbeizuschauen.
Am nächsten Tag lassen wir uns sicherheitshalber wieder vom Wecker wecken. Wieder lassen wir den Tag französisch starten und beginnen direkt mit unseren weiteren Vorbereitungen. Eigentlich hatten wir uns zwei ruhige Tage in Cherbourg mit Sightseeing und Erholung vorgestellt. Doch irgendwie summieren sich die Kleinigkeiten, sodass alle gut beschäftigt sind.
Der Hauptpunkt liegt heute im Sortieren und Ausstauen unserer Vorräte und Sachen an Bord. Alles wird nach Mahlzeiten geordnet und schnell zugänglich auch für schlechte Tage auf See verstaut. Jedes sonstige Equipment wird kritisch überdacht, inwiefern es für das Race nötig ist. Sonst kommt es von Bord. Danach gehen zwei Einkaufstrupps die letzten benötigten Lebensmittel besorgen. Unser Skipper schaut wieder und wieder auf seine Listen, damit auch sichergestellt ist, dass wirklich alle benötigten taktisch- und navigatorisch relevanten Informartionen vorhanden und im Kopf sind. Aber auch unter der Wasseroberfläche wird gearbeitet. Freundlicherweise können wir uns von der Störtebecker des HVS den Tauchkompressor leihen. Dadurch können wir ausführlich den Rumpf reinigen und noch einmal die Anhänge checken. Am Nachmittag kommt dann auch die Sicherheitskontrolle vorbei, auf die wir uns das letzte halbe Jahr so lange vorbereitet haben. Aufgrund unserer detaillierten Vorbereitung bestehen wir diese aber ohne Probleme, was unseren Skipper sichtlich aufatmen lässt. Wieder ist eine Hürde überwunden!
Am Abend erreichen die letzten beiden Crewmitglieder Cherbourg. Das mitgebrachte Auto wird mit den aussortierten Sachen tiefergelegt. Großvolumige Dinge wie Segel können wir sogar in einem großen Zelt von den Fastnet-Organisatoren lagern bis wir wieder ankommen. So eine gut organisierte und durchdachte Regatta haben wir bis jetzt noch nicht erlebt.
Liebe Grüße von der nun kompletten Uni-Crew
Tag 8 (04.08.2021)
Der letzte Tag auf See bricht an. Das Warten auf Wind wird langsam zur Qual. Wieder motoren wir eine ganze 4-Stunden Wache durch. Doch dann kommt das erlösende Geräusch des stoppenden Motors, als die Hälfte der Crew wieder in der Koje liegt. Der Wind ist zurück. Und das sogar mit im Vergleich zu vorher perfekten Bedingungen. Ab 05:00 Uhr geht der Gennaker hoch und mit einem schönen Raumschotskurs gleiten wir sanft in Richtung unseres Ziels. Mit dem letzten Windstrich erreichen wir gegen Mittag die Hafeneinfahrt von Cherbourg. Bei bester Sonne driften wir der Strömung entsprechend fast quer mit starkem Vorhalten durch die Einfahrt. Die Begrüßung könnte nicht besser sein. Freudig warten mitten in der Einfahrt zwei Delfine, die uns mit ein paar Sprüngen vor unserem Bug willkommen heißen. Die weitere Strecke bis zum Liegeplatz ist nicht weniger eindrucksvoll. Uns begrüßen Ocean-Racer verschiedener Generationen, Tris, Imocas und Class 40. Der ganze Hafen ist voller begeisternder Schiffe, sodass wir uns immer wieder gegenseitig ermahnen müssen, dass wir uns auf das Anlegen konzentrieren. Nach kurzem Aufräumen und Anmelden erwartet uns schon die nächste Überraschung. Achim Brünner vom HVS empfängt uns an Bord mit französischem Baguette, Camembert, Salami und Bier. Das Abarbeiten der jetzt schon wachsenden To-do-Liste verschieben wir auf den nächsten Tag. Heute steht nur noch ein Grundreinigungsprogramm für Crew und Boot an. Am Abend lassen wir die Eindrücke in gemütlicher Runde an Bord Revue passieren.
Liebe Grüße von der Uni-Crew
Tag 7 (03.08.2021): Motoren durch die Flaute
Langsam lässt uns der Wind vollständig im Stich. Schon vorher müssen wir immer wieder die Stahlfock setzten. Doch nun machen wir uns ernsthafte Gedanken zu unseren Dieselreserven. Vor uns liegen 150 Seemeilen von Calais nach Cherbourg und die Windvorhersage ist wenig vielversprechend. Wir gehen das Risiko ein und verzichten auf einen nächtlichen Tankstopp in Bologne-sur-Mer. Wir kriegen Begleitung von Herbert, einer Taube die sich zu weit aufs Meer verirrt hat und uns für zwei Stunden als Mitfahrgelegenheit nutzt. Der Hundenapf wird kurzzeitig zur Vogeltränke umfunktioniert. Eine leichte Brise kommt auf. Wir setzen den Gennaker und fahren ein paar Halsen. Herbert stört das nicht. Erst nachdem wir den Gennaker im nächsten Flautenloch wieder bergen, verabschiedet er sich. Nun geht es die meiste Zeit unter Motor weiter vorwärts. Spät in der Nacht füllen wir den ersten von zwei Dieselkanistern in den Tank ein und fangen an zu rechnen. Werden wir es bis nach Cherbourg schaffen?
Liebe Grüße von der Uni-Crew
Tag 6 (02.08.2021): Navigation durch die Sandbänke vor Belgien
In den frühen Morgenstunden passieren wir Rotterdam. Bei der Überführung von Irland nach Rostock blieb uns dieser Teil der Reise aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens eindrücklich in Erinnerung. Diesmal erscheint die Querung des Fahrwassers zum Europort eigentlich unproblematisch. Doch plötzlich bekommt die wachhabende Crew einen Schreck. Der Frachter Ever Given läuft aus und hält auf die Universitas zu. Das könnte gefährlich werden... Schließlich ist Rotterdam passiert und die Gefahr gebannt. Vor Zeebrugge ist deutlich mehr los. Hier ist aufmerksames Ausschauhalten erforderlich.
Beim ersten Blick auf die Seekarte erscheint die Navigation durch die Sandbänke vor Belgien unmöglich. Ein Blick in die Papierkarte hilft weiter und wir suchen uns eine Route durch die Flachs. Noch am Abend passieren wir die Grenze zu Frankreich. Bei Dünkirchen werden wir wieder von der Störtebecker eingeholt. Diese hatte einen Zwischenstopp eingelegt und uns so einen kurzzeitigen Vorsprung im Rennen nach Cherbourg gebracht.
Liebe Grüße von der Uni-Crew
Tag 5 (01.08.2021): Entlang der niederländischen Küste
In der ersten Nacht kämpft ein Teil der Crew mit der ungewohnten Nordseewelle. Zum Glück sind wir gut besetzt und können kurzzeitige Ausfälle verkraften. Zunächst kreuzen wir in der Inshore Taffic Zone zügig gen Westen. Am Morgen dreht der Wind auf einen Anlieger. Verfolgt werden wir von der Störtebecker des HVS, die von Cuxhaven aus gestartet sind. Einholen können sie uns schließlich am frühen Nachmittag. Wir machen gegenseitig Fotos und wünschen einander eine gute Weiterreise. Später werden wir feststellen, dass dies nicht die letzte Begegnung war. Nach knapp 20 Stunden liegt Vlieland querab und wir biegen nach Süden ab. Schon sind die ersten 24 Stunden auf See vorüber und die Crew hat sich an das Leben an Bord gewöhnt.
Liebe Grüße von der Uni-Crew
Tag 4 (30.07.2021): Sightseeing auf Helgoland
Die Nacht von Freitag auf Samstag wird leider nicht allzu erholsam. Inzwischen hat uns das Tief erreicht, sodass wir immer wieder die Leinen des Päckchens kontrollieren müssen. Als der Wecker morgens klingelt, gibt es zunächst keine Reaktion aus den Kojen. Das schlechte Wetter begünstigt unsere träge Morgenstimmung. Nach einem Blick in die Windvorhersage ist das Ablegen wohl erst zu späterer Stunde möglich. Also Frühstücken wir gemütlich. Als die Sonne hervorkommt, begeben wir uns auf einen Spaziergang um die Insel. Zusammen mit den inzwischen angereisten Touristenmengen, bestaunen wir die Vogelkolonie, die anscheinend keine Scheu kennt. Man weiß gar nicht so genau, wer hier wen von beiden Seiten interessiert begutachtet. Nach einer Reise durch die Geschichte der Insel am Wegesrand kommen wir wieder zurück an Bord. Wir checken erneut die Windvorhersage und entscheiden, um 22 Uhr abzulegen. Vorher bleibt noch Zeit für ein Nachmittagsschläfchen. Noch im Vorhafen setzten wir das Groß im zweiten Reff. Nach dem wir das Fahrwasser passiert haben nehmen wir die J3 dazu und rauschen auf Halbwindkurs Richtung Südecke des VTG Terschelling. Auf dem weiteren Weg nach Cherbourg wollen wir innerhalb der Inshore Traffic Zone bleiben. Bald geht die erste Freiwache in die Koje und wir starten mit dem Wachsystem. Nachts wechseln wir uns nun im vierstündigen Rhythmus an Deck ab, tagsüber geht die Wache über sechs Stunden.
Liebe Grüße von der Uni-Crew
Tag 3 (30.07.2021): Cuxhaven – Helgoland
Wir starten heute entspannt in den Tag. Inken verlässt uns am Morgen, dafür steigt Noa am Nachmittag dazu. So haben wir noch Zeit zum Diesel und Lebensmittel bunkern, bevor wir zum Hochwasser um 18:00 Uhr ablegen. Für die Nacht ist ein Tief mit Böen von bis zu 40 Knoten vorhergesagt, weshalb wir heute nur bis Helgoland segeln wollen. So sind wir morgen unabhängig von der Strömung auf der Elbe und können hoffentlich am Nachmittag ablegen.
Das mit dem Segeln erledigt sich dann jedoch leider recht schnell. Nach einer kurzen Hoffnung auf mehr Wind müssen wir auch wieder das Groß bergen. Die Dünung vom Vortag lässt unser Schiff zur Boje werden. Wenigstens schiebt uns der Strom kräftig an. Trotz gefühlt sehr langsamer Fahrt bewegen wir uns mit 7 Knoten in Richtung unserer Ziels. So ganz geruhsam wird unsere Motorfahrt dann aber doch nicht. Gerade als die Langeweile aufkommt, sehen wir auf einmal Felder mit vielen Holzstämmen und -latten auf uns zu schwimmen. Im Slalom bahnen wir uns den Weg durch das Astlabyrinth. Kurz vor Helgoland und gerade noch pünktlich vor einer Gewitterfront mit starken Regenschauern räumen wir endgültig die Segel unter Deck. Dann kommt der Wind wieder, auf den wie die ganze Zeit gewartete haben. Leider zu spät, denn jetzt müssen wir uns auf die nächtliche Ansteuerung mit querlaufender Strömung in der Hafeneinfahrt konzentrieren. Trotz der späten Stunde sind auf einem Boot noch Segler wach und nehmen hilfsbereit unsere Leinen entgegen.
Liebe Grüße von der Uni-Crew
Tag 2 (29.07.2021): Kiel – Cuxhaven
Heute werden wir wieder um 04:30 Uhr unsanft vom Wecker aus dem Schlaf gerissen. Wir verabschieden Jan und Peter, für die es auf dem Landweg wieder zurück nach Rostock geht und legen ab. Die Fahrt durch den Nord-Ostsee-Kanal steht auf dem Tagesprogramm. Kein Frachter ist in Sicht als wir uns der Schleuse nähren, deshalb stellen wir uns schon auf eine lange Wartezeit ein. Doch wir haben Glück und die Schleuse öffnet sich für uns und ein kleines Motorboot. Kurze Zeit später motoren wir auf dem Kanal und der erste Kaffee vertreibt die Müdigkeit. Wir bekommen unerwartete Begleitung, ein Reh hat sich in den Kanal verirrt. Es will scheinbar vor uns den Kanal queren, erschrickt dann jedoch und schwimmt zurück an Land. Die restliche Fahrt verläuft wenig spektakulär. Die Zeit nutzen wir zum Mittag kochen. Als wir an der Schleuse in Brunsbüttel ankommen ist viel Betrieb. Per Funk hören wir, dass eine Sportbootschleusung geplant wird. Letzendlich kreiseln wir etwa eine Stunde im Wartebereich, bevor wir in die Schleuse einfahren können. Auf der Elbe werden wir von bestem Wetter begrüßt: Gegenwind, peitschender Regen und etwa drei Knoten Gegenstrom. Spannend wird es an der Einfahrt vom Yachthafen Cuxhaven. Der Strom läuft inzwischen mit 3 Knoten aus der Elbe heraus. In der Einfahrt müssen wir daher gut vorhalten. Um 21:30 Uhr liegen wir fest im Hafen. Abends trifft noch der Rest der Überführungscrew ein. Viel mehr gibt es vom heutigen Tag auch gar nicht zu berichten.
Liebe Grüße von der Uni-Crew
Tag 1 (28.07.2021): Rostock – Kiel
Es geht los – wir starten die Überführung zum diesjährigen Saisonhighlight. Im Winter konnten wir einen der begehrten Startplätze zum Fastnet-Race ergattern. Für viele von uns ein lange gehegter Traum und mit dem neuen Vereinsschiff nun endlich in greifbarer Nähe. Das Meldeprozedere stellte im Verlauf dann jedoch die geringste Hürde dar. Die sowieso schon ausgedehnten Winterarbeiten wuden um spezifische Vorbereitungen für das Fastnet-Race erweitert. Sicherheitsausrüstung und Seekarten mussten bestellt werden und ein britischer Messbrief beantragt werden. Schnell wurden noch drei SSS-Prüfungen abgelegt, sodass der nötigen Fahrtgebietserweiterung nichts mehr im Wege stand. Mit dem Zieleinlauf bei Rund Bornholm erfolgte die erforderliche Qualifikation der Crew.
Schon am Vorabend trifft sich die Crew an Bord, um die letzten Punkte auf der To-Do-Liste abzuhaken. Am morgen klingelt um 04:30 Uhr der Wecker, eine halbe Stunde später sind die Leinen los – die Reise beginnt.
Auf Halbwindkurs steuern wir Fehmarn an. Der zunächst schwache Wind nimmt zu und wir kommen mit guter Reisegeschwindigkeit voran. Auf halber Strecke kommt die Sonne heraus und macht den Segeltag perfekt. Ab Fehmarn segeln wir mit einem Anlieger in Richtung Kieler Bucht. Dort treffen wir auf die Aquis Granus IV vom ASV Aachen und können uns kurz per Funk unterhalten. Zum Abschluss steht noch eine Kreuz in die Kieler Förde an, das kennen wir ja schon von den Regatten im letzten Jahr. Gegen 18 Uhr legen wir in Kiel Düsternbrook an. Das Timing ist perfekt, als wir gemütlich unter Deck beim Abendbrot und Anlegebier beisammensitzen, fängt es an zu regnen.