Die Vorfreude auf die erste Regatta des Jahres war riesig, umso größer war die Enttäuschung als uns die Absage erreichte. Da wir den Urlaub zu Himmelfahrt schon fest eingeplant hatten und große Lust aufs Segeln hatten, haben wir kurz danach neuen Mut gefunden und uns zu einer Ersatztour entschlossen. Auch Hajo hatte keine Einwände, dass wir seine Tutto bene für diesen Törn nutzen. Außerdem ging das Gerücht um, dass wir mit diesem Plan nicht die Einzigen seien, und so haben wir uns trotz flauer und regnerischer Wetterprognose für einen schönen Törn „Rund Seeland“ entschieden.
Mittwoch, 12.05.2021, Rostock – Fehmarn
Aufgrund unserer fehlenden Erfahrung mit der Dehler 30 od und allgemein beim Double-handed-Segeln wollten wir das Schlafdefizit zu Beginn des Törns so gering wie möglich gestalten. Also sind wir bereits am Mittwoch Richtung Fehmarn aufgebrochen, um uns vor Orth einen Ankerplatz zu suchen. Auch dort lagen wir trotz kaltem und regnerischem Wetter nicht allein, aber trotz 18 kn Wind recht ruhig.
Donnerstag, 13.05.2021, Fehmarn – Großer Belt
Den Vormittag nutzten wir noch zur Vorbereitung des Bootes und um ein letztes Mal in Ruhe kochen zu können. Nachdem alle Wegpunkte in den Plotter einprogrammiert und alle Schoten und Fallen sortiert waren, haben wir die Segel gehisst und sind zur östlichen Fehmarnsund-Ansteuerungstonne gefahren. Dort haben wir zufällig die SY Tschaika getroffen. Beim Vorbeifahren an der Ansteuerungstonne haben wir den Code 0 gezogen und die Tschaika den A5. Auf dem Weg zur Tonne Staberhuk-O mussten wir uns klar geschlagen geben, der Wind kam doch nicht so spitz, wie wir es erwartet hatten.
An der Untiefentonne sind wir dann, wieder rein zufällig, auf die SY Play time getroffen. Nun sind wir gleichzeitig auf die Kreuz gegangen. Bei uns an Bord war durch das Wegsortieren des Codes noch ein wenig Chaos und so sind wir kurz zurückgefallen. Nachdem alles wieder in Ordnung war, konnten wir uns auf das Segeln und das Aussteuern der Wellen konzentrieren und schnell wieder Boden gut machen. Die Play time fuhr etwas weniger Höhe und die Tschaika hat beim Reffmanöver etwas verloren und so konnten wir auf dem Weg nach Dänemark gut mithalten. Die beiden anderen sind vor uns gewendet und anschließend hinter uns durchgegangen. Wir sind noch etwas weiter an die dänische Küste gesegelt und hatten dort einen sehr günstigen Winddreher, der uns deutlich besser in Richtung Langeland brachte.
Freitag, 14.05.2021, Großer Belt – Nordseite Seeland
In der ersten Nacht fuhren wir bei gutem Wind im Großen Belt gen Norden, die Tschaika und die Play time immer auf dem AIS und dicht in unserem Kielwasser. Nach der Passage der Großen Belt-Brücke fuhren wir weiter auf der Seeland-Seite unter Land, wobei der Wind bis in die Morgenstunden langsam nachließ. Gegen Mittag erreichten wir Røsnæs Puller, dort erreichten wir eine absolute Flaute und während unsere Geduld geprüft wurde tauchten am Horizont hinter uns zwei wohlbekannte Boote auf. Irgendwann setzte endlich wieder Wind ein, natürlich aus West und so mussten wir ordentlich aufpassen, dass wir nicht überholt werden.
Nachdem wir in der Flaute verzweifelt mit allen möglichen Segeln den Wind gesucht hatten, konnten wir nun den A2 ziehen und bei schönem Sonnenschein zur nächsten Landspitze segeln. Am Abend erreichten wir dann das Snekkeløb bei Odden. Auch die Tschaika konnte den Wind gut nutzen und ordentlich Meilen machen. Nachdem wir die Engstelle passiert hatten, wurde uns noch mal flau im Magen, als wir plötzlich wieder in der Flaute standen. Nach einer schnellen Halse zeigte der Bug zwar in die falsche Richtung, aber das Boot fuhr wieder und das war erstmal wichtiger.
Samstag, 15.05.2021, Nordseite Seeland – Grønsund
Inzwischen hatten wir das Vertrauen in die Windvorhersagen komplett verloren. Unsere bisherigen Routings waren bei den unterschiedlichen Wettermodellen sehr heterogen, aber sie hatten eins gemeinsam: sie trafen nicht zu. Also haben wir beschlossen, uns auf den nächsten Schlägen eher auf unser Bauchgefühl zu verlassen und schlugen den direktesten Weg nach Helsingør ein.
Um kurz nach 4:00 Uhr morgens fuhren wir am Schloss Kronborg vorbei, dabei strömte es uns ganz ordentlich aus dem Øresund entgegen. Also war wieder klar, dass wir uns unter Land halten mussten, um dem Strom aus dem Weg zu gehen. Der gute Westwind ließ das Land nur so vorbeifliegen und so kam Kopenhagen schnell näher. Und dann kam der nächste Schreckmoment: in unserem Kielwasser tauchte unverkennbar eine Dehler 30 od auf. Das AIS konnte uns nicht weiterhelfen. Sind Tschaika oder Play time so dicht rangekommen? Nein, die SY No Excuse ist von Schweden zu uns gekommen, um uns ein paar Meilen zu begleiten.
Der Weg nach Møn blieb ohne große taktische Möglichkeiten, der Wind hatte weiter zugenommen und so beschäftigte uns mal wieder das Thema „Reffen“. Nachdem wir an der sonnenbeschienenen Møns Klint vorbeifuhren, ließ der Wind leider wieder nach, aber die letzten Meilen zur S-Tonne am Grønsund waren zu einem Anlieger geworden und so blieben wir geduldig und erreichten um 17:19 unser Ziel.
Knapp zwei Stunden nach uns erreichte die Play time die Südtonne, die Tschaika war zuvor bereits in Richtung Wismar abgedreht.
Sonntag, 16.05.2021, Grønsund – Rostock
Die Heimfahrt überraschte uns nach einer kurzen Flaute mit einem beständigen Ostwind, der langsam auf Süd drehen sollte. Der Code 0 zog uns zügig nach Warnemünde und der Heimathafen war nach 372 Meilen wieder erreicht. Die Anstrengungen der letzten Tage waren uns deutlich anzumerken und so sind wir direkt nach dem Anlegemanöver todmüde und überglücklich ins Bett gefallen.
Wir danken Hajo herzlich für das entgegengebrachte Vertrauen und dass wir sein Schiff für diesen großartigen Törn nutzen durften.