kurzes Vorwort des Lektors: Der Autor dieses Berichtes war vor dieser Regatta noch nie auf einem Segelboot unterwegs. Trotzdem hatte ihn, sicher auch durch die Winterarbeiten, die Faszination gepackt und er meldete sich kurzerhand zur längsten und härtesten Regatta der Ostsee an. Er hat im Laufe des Berichts immer wieder seine eigenen, ganz persönlichen Erfahrungen („Lektionen“) eingebaut, die diesen Text umso lebhafter machen. Viel Spaß beim Lesen!
Vorbereitung
Anfang Juni: Wir haben überraschenderweise einen Startplatz für den Midsummersail 2020 bekommen und unser Schiff liegt noch auf dem Trockenen. Zweieinhalb Wochen vor dem Startschuss wird die Liste der Dinge, die noch gemacht werden müssen, immer länger. Ab jetzt heißt es fast jeden Abend: Nachtschicht.
Hinter vorgehaltener Hand wird mir erzählt, dass vor drei Jahren, als unser Verein zum ersten und bisher einzigen Mal bei dieser Regatta teilgenommen hatte, die Vorbereitungen fast ein halbes Jahr in Anspruch nahmen.
Dieses Jahr ist es etwas knapper, trotzdem sind wir zuversichtlich unseren kühnen Plan in die Tat umzusetzen. Und zur Not kann man ja auch noch während der Regatta ein bisschen basteln. Irgendwas geht ja eh immer kaputt und Jannis langweilt sich sonst bestimmt.
12 Tage vor dem Start wird gekrant und die Universitas schwimmt tatsächlich noch. Erstes Etappenziel geschafft!
Einen Probeschlag mit der Crew schaffen wir nicht mehr, aber Rechtzeitig zur Überführung nach Wismar am Donnerstagabend ist sie segelfertig und unser Abenteuer kann beginnen.
Lektion 0: Fachjargon
Zuerst musste ich lernen, mich an Bord zu orientieren und verschiedenste Begriffe nicht durcheinander zu bringen. Das ist für mich wie das Lernen einer neuen Sprache. Lieblingsverwirrer wären „von Deck“ vs. „von Bord“ oder „hinten“ statt „achtern“.
Auch Steuerbord und Backbord mussten trainiert werden, während ich aber auch das Achterstag nicht mit der Steuerbordwante verwechseln durfte.
Oft gab es verwirrte Blicke, gefolgt von einer Korrektur, aber ich würde das schon noch lernen. Das Ausbildungsschiff SY Universitas hat mit mir noch einen langen Weg vor sich.
Überführung nach Wismar
Wir legen ab. Fast pünktlich. Nachdem wir im Verein noch ein wenig Ballast für die Performance abwerfen, nehmen wir Kurs auf Warnemünde. Dann heißt es irgendwann endlich Segel setzen und der Motor geht aus.
Erst unter Gennaker, später unter Fock geraten wir zielstrebig in die erste Flaute und pladdernden Regen. Irgendwann kommt wieder leichter Wind auf und um ca. 7 Uhr morgens legen wir übernächtigt und durchnässt in Wismar an.
Da bei der Überfahrt zum Beispiel unser Windmesser Probleme macht und außerdem Regenwasser über die Abflüsse des Rettungsinselfachs in die Achterkojen gelangte, ist an Pause nicht zu denken. Unseren Liegeplatz kann man folglich an dem Mann im Mast immer von weitem erkennen.
Bis zum Ablegen am nächsten Morgen wird beinahe pausenlos geschraubt, gehämmert und Proviant verstaut. Auch das Panzertape leistet wie immer ganze Arbeit und die Nebenlieger gucken etwas seltsam.
Lektion 1: Segelsetzen
Für das erste Mal Segelsetzen durfte ich auf das Vorschiff, um die Segel unter Anleitung an den entsprechenden Stellen einzuhaken. Der Hals, auf Englisch Tack, wird beim Bugkorb mit Hilfe eines Schäkels befestigt, das Clew (Schothorn) mit der Schot verknotet und der Head (Kopf) mit dem Fall.
Dann geht es an den Mast um das Fall möglichst schnell zu ziehen und somit endlich das Segel zu setzen.
Als der Wind das erste Mal in den Gennaker fuhr, war es eine beeindruckende Aussicht für mich. Bei einem Segelboot dieser Größe haben schließlich auch die Segel eine riesige Fläche, vor der ich mich erstmal sehr klein fühlte. Über die Zeit habe ich mich dann doch daran gewöhnt, was übrigens für vieles an Bord gilt.
Start zum Midsummer Sail 2020
Samstag 20. Juni, 8 Uhr, Wismarer Hafen: Die letzten Vorbereitungen laufen und mit breitem Grinsen erklärt Philipp der Crew, welche Segel wir alle an Bord haben.
Nach einem ausgiebigen Frühstück legen wir ab. Da die Bucht vor der Startlinie sehr eng ist, haben wir nur zwei Möglichkeiten über besagte Linie zu fahren: entweder wir warten ab und fahren erst ganz zum Schluss. Oder wir nehmen das Messer zwischen die Zähne und ziehen allen davon. Wir wählen (natürlich!) letztere Option und sie funktioniert dann auch ganz gut, denn wir gehen als eines der ersten Boote über die Startlinie.
Beim Rauskreuzen bleibt das Feld recht eng beisammen und die Tris können bei diesen Kursen noch nicht davon ziehen, was sie dann aber tun als wir beim Verlassen der Bucht auf Halbwind gehen. Wir können dagegen in einem engen Kampf unsere Position gegen die Luffe 45 Nike behaupten, die querab und teilweise auch vorweg am Horizont zu sehen ist.
Nach dem Start müssen wir uns auf den Bordalltag einstellen, der sehr genau geplant ist. Wir sind zu zehnt und fahren mit drei Wachen, die jeweils aus drei Mann (und Frau) bestehen, während der Skipper quasi immer und nie schläft. Zu den Wachen gilt: Nachts drei Stunden und am Tag vier, wobei wir uns vom Tag-Nacht-Gefühl schnell verabschieden.
Es ist immer eine aktive Wache an Deck und segelt, während ein Team in der Koje ist und das andere auf Standby. Standby heißt, dass man in Ölzeug und Schwimmweste irgendwo an oder unter Deck nickert oder sich zumindest ein wenig entspannt bis man gebraucht wird, was unter Gennaker aber quasi ständig der Fall ist. Am Tag sind die Standby-Wachen außerdem verantwortlich für Frühstück, Mittag und Abendbrot.
Apropos Mahlzeiten: Auch hier wurde im Vorhinein penibel geplant und in jeder Lücke und Ecke des Bootes entsprechend Essen und Geschirr verstaut. Abgewaschen wird nach dem Essen außenbords. Das wird einem unserer zwei Kochtöpfe schon innerhalb des ersten Tages zum Verhängnis, da der Henkel einfach abbricht. Von da an ist der Verbliebene einer der wertvollsten Gegenstände an Bord und wird sehr vorsichtig behandelt.
In den ersten drei Tagen haben wir mit recht starken Winden, Wellen und Seekrankheit zu kämpfen und man fühlt sich eher wie bei der MaiOR. Als wir schließlich Bornholm erreichen ist Flaute und wir müssen uns auf einmal auf ganz neue Herausforderungen einstellen. (Stichwort „Lee-Trim“, Lektion 3)
Gott sei Dank können wir dafür aber jetzt endlich zum ersten Mal duschen, was dem Aroma an Bord sehr gut tut.
Wir passieren die dänische Insel im Norden und segeln die südschwedische Küste entlang bis wir Stockholm erreichen, wo uns das Wetter ein ungewolltes und ungeliebtes Geschenk macht: schon wieder Flaute. Aber nur für uns.
Im Bordslang wird das Ganze auch Privatloch genannt, aber dazu später mehr. Wir müssen mit ansehen, wie unser Vorsprung, den wir seit Bornholm so stetig aufgebaut haben, schwindet.
Lektion 2: Seekrankheit
Einige Gespräche im Vorfeld hatten die Seekrankheit und ihre Unabsehbarkeit zum Thema. Schließlich könne man keinem Voraussagen, wie die persönliche Verträglichkeit der Auge-Innenohr-Verwirrung sein wird, ohne dass man diese Erfahrung bereits gemacht hat. Und auch die erfahrensten Seeleute kann es mal erwischen, wenn Neptun missgünstig ist.
So machte natürlich auch ich mir Gedanken darüber und versuchte über Vorerfahrungen mit Geschaukel oder der berühmt-berüchtigten Reisekrankheit auszurechnen, wie mein Körper auf diese zwei Wochen Hochsee reagieren könnte.
Letzten Endes war es fast eine Erlösung, als ich am ersten Abend in meine erste Freiwache ging und mir kurz darauf etwas schlecht wurde. Ich habe mich dann sicherheitshalber für ein Stündchen an den Heckkorb zu den anderen Seekranken gesetzt und erst einmal abgewartet. Es blieb ruhig und ich wagte mich zurück in die Koje.
Zu guter Letzt hat es gereicht, dass meine Wache mich nicht aufwecken wollte und ich, leicht gekränkt darüber, meine erste aktive Wache zum Teil verschlafen zu haben, erst später an Deck erschien.
Lektion 3: Lee-Trim
So mystisch es für mich anfangs klang, so harmlos ist es. Bei Bornholm lernte ich, was viele Flauten später zur Gewohnheit werden sollte: wenn kein Wind bläst, sorgt man durch Krängung dafür, dass die Segel in ihr bestes Profil fallen und so jeder Lufthauch ausgenutzt wird. Im Klartext, man sitzt auf einer Seite des Schiffes und versucht sich so wenig wie möglich zu bewegen. Da der Rest der aktiven oder halb-aktiven Mannschaft dasselbe tut und die Schlafenden sich nach Möglichkeit ebenfalls in die Leekojen legen, lernt man das recht schnell.
Lektion 3½: Bord-Slang
Es gibt an Bord einige Ausdrücke, die nur der Universitas-Segler auf Anhieb versteht. Diese entwickeln sich meistens nach ein paar Tagen, in denen man zu eng zusammengelebt hat und nur Wasser um sich herum hatte.
So bedeutet „Ich gehe zu Andrea“ nicht etwa, dass man eine geheimnisvolle Mitseglerin besuchen möchte, sondern dass man sich mit der Navigation und dem Programm Adrena beschäftigt. DAS Wort dieses Trips ist „Zäng“. Eindeutig norddeutschen Ursprungs und zunächst in seiner ursprünglichen Bedeutung (Druck bzw. Last auf einer Schot o.ä.) verwendet, fanden sich nach und nach immer mehr Einsatzmöglichkeiten. Irgendwann brauchte das Essen mehr Zäng (sprich Salz) oder auch manche Crew-Mitglieder, die nicht mehr ganz so viel Kraft hatten.
Vorbei an den Schären, weiter nach Norden
Mit Hilfe des Code 0 schaffen wir die Einfahrt in den Bottnischen Meerbusen und der Wind frischt auf. Wir haben Halbzeit. Das lässt uns begreifen, wie groß die Ostsee hier oben noch ist. Stockholm liegt südlich und trotzdem ist erst die Hälfte geschafft. Uns stört das aber keineswegs, wir haben richtig Spaß.
Viel Zeit zum Nachdenken bleibt aber nicht, das Wetter ist launisch. Trotzdem erwartet uns manch eine Stunde Raumwind mit hohen Geschwindigkeiten und halsbrecherischen Gratwanderungen zwischen Performance und Sonnenschuss. (zur Beruhigung: es kam weder zu Patenthalsen noch zu Sonnenschüssen oder sonstigen Unglücken)
Bemerkenswert ist: Jeden Tag geht die Sonne eine halbe Stunde früher auf und ebensoviel später wieder unter. Die Nächte werden immer heller und wir fahren die ganze Zeit genau in den Sonnenauf- bzw. Untergang. Außerdem sieht man etwa ab Höhe Vaasa keine anderen Schiffe mehr, unsere einzigen Begleiter sind die anderen Regatta-Teilnehmer.
Auf besagte andere Teilnehmer bauen wir einen immer solideren Vorsprung aus und rücken nun den Tris endlich wieder näher.
Lektion 4: Kochen bei Seegang
Da die Wachen rotierten und man so immer zu anderen Zeiten Wache hatte, musste sich jeder Mal mit der Essenszubereitung befassen. Das bedeutete bei Seegang, es unter Deck aushalten zu müssen und dabei mit Gas, kochendem Wasser und einem schaukelnden Herd zu jonglieren.
Als ich Käsespätzle zubereiten sollte, hatten wir bestes Gennaker-Wetter und Welle. Das Geschaukel machte mir das Stehen schwer, die Seebeine ließen noch auf sich warten. Da ja die ständige Gefahr eines Sonnenschusses bestand, lagen meine Nerven blank. Der Kommentar, ich solle mich im Falle eines Sonnenschusses nicht um das kochende Wasser kümmern sondern mich einfach nur festhalten war zwar sinnorientiert, aber wenig beruhigend. Es passierte am Ende nichts und es gab sogar, wenn auch leicht verspätet, Käsespätzle mit Röstzwiebeln.
Lektion 5: nicht nur Neptun, sondern auch dem Geist des Klos sollte man Beachtung zukommen lassen
An Bord gab es eine Tragödie in mehreren Akten: Irgendwann bemerkten wir, dass der Tank mit dem Schwarzwasser voll war und sich trotz geöffneten Seeventils nicht abpumpen ließ. Also wurde der Champagner Eimer für Eimer durch den Salon getragen und außenbords gekippt, bis der Tank ausgebaut, das Seeventil von seiner Verstopfung befreit und der Tank überbrückt war. Leider funktionierte das Ventil danach noch immer nicht zuverlässig, sodass wir uns immer mal wieder mit dem Thema beschäftigen durften.
zurück zum Segeln:
Das Wetter in der nördlichen Ostsee hat einiges zu bieten: Während mehrere Gewitterzellen in Reichweite kommen, improvisieren wir einen Blitzableiter mit einem Stahlseil, das wir mit Panzertape an das Achterstag kleben. Wir glauben zwar selbst nicht so richtig an den Nutzen, aber wer weiß… Die Wetterdaten sind größtenteils nutzlos und wir denken über die Anschaffung eines Barometers nach.
Den Gewittern fahren wir schließlich davon, aber einer Böenwalze entgehen wir nicht.
Zuerst bemerken wir eine dünne Wolke vor dem abendlich rot gefärbten Himmel, die erstaunlich schnell näher kommt. Zum Glück erkennen wir frühzeitig, dass diese Wolke mit unvorhersehbaren Winden einhergeht und bergen den Gennaker. Dann ändert sich die Windrichtung innerhalb einer Viertelstunde mehrmals komplett, was uns viele Segelwechsel beschert und die diensthabende Wache sehnt den Wachwechsel herbei.
Die Wolke zieht mit rasanter Geschwindigkeit über uns hinweg, hat aber nicht so viel Wind im Gepäck wie befürchtet. Wir messen Böen bis 35 Knoten. Zwar hatten wir mit Schlimmerem gerechnet, aber beeindruckend und aufregend war es trotzdem.
die letzten Meilen:
Am Morgen vor der Zieleinfahrt können wir fast alle Tris mit bloßem Auge sehen und in der Mannschaft wird Blut geleckt. Es wird sich zumindest ein Tri zum Frühstück gewünscht und da wir alle satt werden wollen, wird auch auf mehr gelauert.
Leider spielt der Wind nicht so mit und die Segel hängen stundenlang nur schlaff herunter.
Schließlich schaffen wir es mit dem Code 0 und dann dem A1.5 (auch bekannt als „die Wunderwaffe“) kleineren Windfeldern hinterher zu halsen und erreichen so den Fjord-Eingang. Hier müssen wir erkennen, dass Wilde Perle II (ein Tri) schon angekommen ist und Firlefanz (ebenfalls ein Tri) nicht mehr aufgeholt werden kann. Aber der dritte Tri Mjölnir taucht erst hinter uns aus den Schären auf.
Der Fjord bietet aber noch eine langwierige und anstrengende Aufgabe. Es gibt nur eine schmale Fahrrinne und mit unseren 2,80m Tiefgang können wir diese kaum verlassen. Also kreuzen wir vorsichtig weiter nach Norden, während in der Navi-Ecke genaustens unsere Position und die Tiefenangaben auf den Seekarten verfolgt werden. Die Lage ist angespannt.
So kurz vor dem Ziel kann keiner mehr schlafen und Aufgaben gibt es an Deck jetzt auch genug. Wende um Wende arbeiten wir uns durch die Engstellen, an großen Steinen, Fischernetzen und Inseln vorbei.
Irgendwann kreuzen wir ins Ziel. Nach 6 Tagen 7 Stunden 14 Minuten und 7 Sekunden. Knapp gefolgt von Mjölnir, der nur 15 Minuten länger brauchte.
Das nächste Einrumpfboot im Ziel ist 12 Stunden nach uns dann die Anne Bonny.
Die eigene Bestzeit von vor drei Jahren haben wir um etwa 5 Stunden unterboten, der absolute Rekord aus dem letzten Jahr war aber nie greifbar. Vielleicht ja im nächsten Jahr.
Rücküberführung
Zum Start der Rücküberführung segeln wir, mit Hilfe besten Gennaker-Wetters, unser längstes Etmal. Es liegt nun bei etwa 240 sm und ist das längste, das mit einer Universitas je geschafft wurde.
So segeln wir mit 20 Knoten Raumwind und guter Laune an Norra Kvarken vorbei in den südlichen Teil des Bottnischen Meerbusens. Kleine Vorfälle, wie ein Gennaker, dessen Fall sich löste und diesen Baden schickte und hier und da ein „am Sonnenschuss kratzen“, bleiben hier nur erwähnt.
Bevor wir die Ålands erreichen, wird das Wetter wieder schwieriger und nach ein paar Schauern dreht der Wind von angenehmen 20 Knoten Nord auf sehr unangenehme 25 Knoten Süd. Das Wellenreiten wird zu einem lauten Stampfen, wenn sich der Bug aus dem Wellenberg hebt und im Tal wieder aufschlägt. Die aktive Crew wird nun nicht mehr nur vom Regen nass. Eine überkommende Welle schafft es sogar, eine Schwimmweste inklusive unseres neuen Personal-AIS auszulösen.
Außerdem müssen wir feststellen, dass wir im Vorschiff massiv Wasser aufnehmen. Es läuft aus dem verstopften Ankerkasten durch den Durchgang des Gennakerbaums direkt auf die Segel, die wir hier lagern.
Mit jeder Welle, die nun über das Vorschiff bricht, laufen einige Liter ins Schiff und wir haben einen schönen Swimmingpool.
Mit einer Eimerkette durch den Salon, Leckstopf-Paste und einer Kursänderung, damit die Wellen nicht mehr so über das Schiff brechen, kriegen wir unser Unterdeck-Aquarium in den Griff und als es ruhiger wird, können wir die Ursache beheben.
Unsere Wetterdaten versprechen uns aber schon den nächsten Amwind-Kurs bei 20 Knoten plus und diesen wollen wir umgehen, um uns und das Boot zu schonen. Daher motorsegeln wir durch die Schären. Der Fachmann sagt, wir nutzen den arabischen Wind.
Allerdings nur solange, bis der Motor ohne Vorwarnung seinen „betörenden“ Lärm einstellt und uns Strömung und Wellen ausgesetzt alleine lässt. Da wir gerade keine Segel oben haben, werden wir nun auf die Schären zu getrieben und müssen schnell die Fock hochziehen. Es wird auch überlegt einen Anker für den Notfall an Deck zu holen, da wir aber genug Wind haben, sehen wir davon ab. Währenddessen hat sich unser MacGyver mit Mafia-Hintergrund des Problems am Motor angenommen und holt aus mancher Dieselleitung sogenannte Schlonze (siehe Lektion 3½) heraus.
Schließlich läuft der Motor wieder, aber in Rostock steht dann eine Tankreinigung an.
Wir lassen die Stockholmer Schären hinter uns und segeln durch den Kalmarsund zwischen der Insel Öland und dem Festland. Am Abend verlassen wir die südschwedische Küste, umsegeln Bornholm im weiten Bogen und erreichen morgens die deutsche Küste bei Rügen. An Hiddensee vorbei kreuzen wir den Darß entlang und während wir den Warnemünder Leuchtturm schon sehen können, wird es nochmal richtig ungemütlich. Es gießt wie aus Eimern, der Wind ist sehr böig und dreht wie es ihm passt, während die Wellen aus allen Richtungen zu kommen scheinen. So kämpfen wir uns in die Fahrrinne und schließlich an den Molen vorbei auf die Warnow.
Zum letzten Mal werden die Segel geborgen. Auf der Warnow vor uns erscheint kurz vor Rostock plötzlich ein schwaches Licht, welches sich als Campinglaterne am Mast einer Ixylon herausstellt. Nachts um drei ein unerwarteter Anblick und ein echt toller Empfang! Noch etwas später sehen wir dann drei Gestalten in einem Kanu, die uns ebenfalls in Empfang nehmen wollen. Kein schlechtes Empfangskomitee für diese Uhrzeit!
Insgesamt haben wir in den zwei Wochen über 2000 Seemeilen zurückgelegt, und dabei viel über das Boot und uns selbst gelernt. Am Ende waren alle sehr müde, aber natürlich noch viel glücklicher über die erbrachte Leistung und schon voller Freude auf die noch kommenden Abenteuer.
Im Namen der gesamten Universitas-Crew möchten wir uns bei allen, die uns auf dieser Reise verfolgt haben, bedanken. Ohne die große Unterstützung wäre das alles selbstverständlich nicht möglich und wir hoffen mit Bildern, Geschichten und Texten etwas davon zurückgeben zu können.
Ein besonderer Dank geht an unsere Sponsoren, die Rostocker Volks- und Raiffeisenbank eG, die Rostocker VR-Versicherungskontor GmbH, FleetMon, die Hanseatische Brauerei Rostock und die Segelwerkstatt Warnemünde.
Johann Etzold