Manchmal gibt es Schiffsführer, die plötzlich sehr viel Zeit haben. Wenn zusätzlich noch der Blick auf die Wettervorhersage zeigt, dass ein sonniges, langes Wochenende Ende Oktober bevorsteht, wird kurzerhand noch zu einem zweiten Herbsttörn geladen und da es sich um einen studentischen Crewpool handelt, finden sich auch dann noch sieben Menschen, denen der Sommer offensichtlich nicht lang genug war.
Dementsprechend finden sich alle sieben am letzten Oktobersamstag morgens um 6:30 am Wiro-Steg ein, um den Wind, der im Laufe des Tages abnehmen soll, am besten ausnutzen zu können. Alle? Nein. Einer schläft noch und hat sein Handy aus. Also wird das Schiff zum Auslaufen vorbereitet, während 14,28% der Crew die Schlafmütze wecken geht.
Schlussendlich werfen wir um 7:30 die Leinen los und treiben dank leichter Brise, Groß und Fock langsam aber sicher gen Warnemünde. Schnell müssen wir diesmal ja nicht sein, schließlich segeln wir mal einen einfachen Törn. Den Stress haben wir also Zuhause gelassen. Nach der Fotofalle an den Molenköpfen, die uns aufgrund der Verspätung nun nicht mehr im perfekten Sonnenaufgangslicht erwischen konnte, setzen wir Kurs Hiddensee. Ziel für heute ist Barhöft, weil da passen wir rein und außerdem können wir so A2 segeln. Bei wirklich sommerlichen Temperaturen von über 20° in der Spitze macht das Lust auf die kommenden Tage.
In Barhöft angekommen stellen wir fest, dass der Hafen leider nicht so günstig wie flach ist (Wasserspiegel steigt über Nacht) und dass ein Depp seinen Schlafsack vergessen hat. Da der Abend aber noch jung ist, folgt ein ausgedehnter Erkundungsspaziergang inklusive Aussichtsturm. Zurück an Bord stehen Wraps, Gin Tonic und Kartenspiel auf dem Programm.
Am Sonntagmorgen tasten wir uns wieder auf die Ostsee heraus, um bald festzustellen, dass der Kurs nach Stubbekøbing sich auch zum A2 segeln eignet. Reichlich unspektakulär aber traumhaft schön segeln wir mit wenig Welle, viel Sonne und Milchreis mit Apfelmus zum Mittag.
Gegen Abend segeln wir (noch) in Falsters Windschatten ein und motoren die letzten Kabel zu unserem Zielhafen, wo wir uns mit Glühwein und Gnocchi mit Tomatengemüsesoße von der frisch eingeholten Windvorhersage für Montag erholen. Flaute ist angesagt und das obwohl wir Alle Montagabend wieder in Rostock sein müssen.
Es kommt noch etwas spannender: die Sicht am nächsten Morgen ist dauerbeschränkt. Kaum haben wir die Pier im Nebel hinter uns gelassen, sieht man nur noch spiegelglattes Wasser und eine graue Wand in vielleicht zwei Bootslängen Abstand. Also gibt es zum Frühstück gehörig Ausguck gehen bei sicherer Geschwindigkeit plus Schallsignale nach Lehrbuch. Im Fahrwasser lassen sich keine zwei Tonnenpaare gleichzeitig sehen.
Wir hatten uns schon damit abgefunden den Motor wohl bis Rostock ertragen zu müssen, da kommt auf Höhe Gedser tatsächlich etwas Wind auf. Segelwahl? Klare Sache: A2. Jetzt wäre es natürlich zu schön gewesen, hätten wir den Motor erst wieder auf der Warnow gebraucht, allerdings macht der Wind heute immer wieder Pausen, die wir mit einem Bergemanöver und einer kräftigen Brise arabischem Wind zu kaschieren wissen.
Die schlechte Sicht macht aber scheinbar nicht nur uns zu schaffen. Gleich zweimal landen kleine Vögel bei uns an Deck zwischen. Ein Wintergoldhähnchen hüpft eine Zeitlang unsere Fallen auf und ab, bevor es wieder im Nebel verschwindet. Nur wenig später landet ein Grünfink Weibchen einen Bauchklatscher und schafft es gerade noch auf unser Achterdeck. Nach einer Erholungspause und einer kleinen Hand voll Müsli, versucht es eine unserer Mitseglerinnen aufzuessen und verschwindet unverrichteter Dinge auch wieder im Nebel.
Für das Queren des Tiefwasserweges klart es glücklicherweise leicht auf, die Besserung ist aber nur von kurzer Dauer. Als wir die Warnemünder Molenköpfe zu sehen bekommen, sind wir auch schon fast an ihnen vorbei. So wie unser Herbsttörn und damit auch diese Saison.
An 2 von 3 Tagen hat sich der Herbst noch einmal von seiner sommerlichsten Seite gezeigt, gute Laune und etwas Erholung gab es an allen drei Tagen. Fazit: Daumen hoch.
Die Universitas wird schon bald gekrant sodass dem winterliche Bastelfieber nichts im Weg steht. Es gibt viel zu tun…