Zum ersten Mal war der ASVzR bei einer ORC Weltmeisterschaft vertreten. Acht Tage lang wurde in Kiel mit viel Spaß und dem nötigen Ernst um Positionen gekämpft und die Mannschaften samt Schiffen an ihre Grenzen gebracht. Mit dem Flaggschiff des Vereins, der Universitas erreichte die Crew angeführt von Schiffsführer Gunnar Jacobi einen beachtlichen 22. Platz in der Silverfleet und wurde bestes Rostocker Schiff.
An einem kalten Januarabend saßen einige ASVer bei Kerzenschein und Malztrunk zusammen und planten die Termine der kommenden Saison. In der Szene wurde schon seit Monaten von einer bevorstehenden Weltmeisterschaft gesprochen, was die Crew zwar mit Interesse, aber ohne den Gedanken an eine Teilnahme verfolgte. Bis sie einen Anruf vom DSV bekam mit einer persönlichen Einladung bzw. Bitte, doch teil zu nehmen. Also überlegte man sich, ob eine Teilnahme realisierbar sei. Schnell war klar, dass sich so eine Gelegenheit nur selten bietet und alle wurden vom WM-Fieber gepackt. Das Ziel war also klar und so wurde im Januar mit dem Beginn der Winterarbeiten der Grundstein für die Teilnahme gelegt.
Die ganze Saison haben wir auf dieses Ziel hin gearbeitet und am ersten August war schließlich alles bereit. Nach Wochen und Monaten der Vorbereitung was das Schiff vollständig ausgerüstet, die Abläufe eintrainiert und Wettfahrtregeln studiert. So legte ein Teil der Crew mit der Universitas im ASVzR für die Überführung ab und segelte in einen goldenen Sonnenuntergang hinein westwärst nach Kiel. Dort stieß der Rest der Crew mit dem Land-Proviant und dem Material für das Basislager auf dem Zeltplatz dazu. Am 02. Und 03. August fanden die Vermessungen, Sicherheitschecks und ein Welcome-Race statt, was uns noch freie Zeit für abschließende Trainings vor Ort ließ. Außerdem mussten wir feststellen, dass den scharfen Augen der Vermesser keine Details entgingen, bzw. sie Dinge vermissten, die laut den Regularien noch an Bord sein sollten. Letztendlich bekamen wir aber alle unsere Stempel und Unterschriften und waren damit startberechtigt.
Die WM begann mit dem Auslaufen der gesamten Flotte aller drei Klassen (A: groß & schnell; B: mittel; C: langsam). Wie an der Perlenschnur aufgefädelt motorten mehr die als 150 Teilnehmenden Schiffe ins Startgebiert vor dem Leuchtturm Bülk. Der Wind war mit 3Bft. sehr moderat und gerade richtig, um sich langsam in die Weltmeisterschaft mit den großen Startfeldern einzufinden. Schnell war aber klar, dass alle sehr ehrgeizig und nervös waren. Der erste Start: der erste Sammelrückruf. Folgte die zweite Gruppe der Klasse B: gleiches Spiel. Jede Gruppe brauchte letztlich drei Versuche um dann unter „Black Flag“ gesittet und nicht überpünktlich zu starten. Uns kam das zu Gute, hatten wir uns doch bei den ersten beiden Starts unter „P“ noch zurück gehalten, um nicht gleich am ersten Tag zwischen den Wild gestikulierenden und übereifrigen Profis und „möchte-gern-Profis“ in die Mangel zu geraten. Mit dem guten dritten Start legten wir den Grundstein für ein gutes erstes Tagesergebnis. Mit Platz 17 von 28 waren wir zufrieden, hatten aber dennoch Potential für Verbesserungen entdeckt und konnten mit einem guten Gefühl wieder in den Hafen fahren, da wegen der vielen Sammelrückrufe keine Zeit mehr für eine zweite Wettfahrt blieb.
Direkt im Heckwasser der Tøsen aus Flensburg
Tag zwei hielt die erste Offshore-Wertung bereit. Nach einigen Sammelrückrufen aufgrund vieler Frühstarter und Verschiebungen mangels Wind wurde in einem Hauch von Wind der Start durchgezogen, um das Feld dann nach der kurzen Startkreuz wieder Windloch parken zu lassen. Wir lagen unter den Top 5 an der ersten Bahnmarke und mussten dann zu unserem Leidwesen mit ansehen, wie ein Großteil des Feldes ein einem Windstrich dicht unter Land an uns vorbei zog. So mussten wir uns an der nächsten Marke beim Kieler Leuchtturm im hinteren Mittelfeld einreihen. Dank des Geschicks unseres Navigators Matthias, der beständig an seinem „Taktik-Rad“ drehte, konnten wir wieder einige Plätze gut machen. Während wir noch mit 2-3kn Geschwindigkeit dahin dümpelten, verfinsterte sich der Himmel und wir konnten erkennen, wie bei „den großen“ aus Klasse A am Horizont Genuas gegen Fock getauscht Reffs eingezogen wurden. Auf dem glatten Wasser konnten wir sehr schon beobachten, wie die Gewitterfront auf uns zuhielt und uns gerade noch genug Zeit gab, den Spi gegen die Schwerwetter-Fock zu tauschen, bevor mit einer 120°-Drehung der Wind schlagartig um 25kn zunahm. Plötzlich peitschte der Regen vom Himmel herab und wir schossen mit einer Halse um die Wendemarke vor der dänischen Küste und rauschten wieder Kiel Leuchtturm entgegen. Mit Platz 15 erreichten wir auch den gewünschten Trend nach oben auf der Ergebnistafel.
Zudem gab es am Abend Champagner für die ganze Crew, da Malte seinen Einsatz zur Motivation der Crew einlösen musste: „Wenn wir in einer Wettfahrt während der WM vor der Imagine ins Ziel kommen, lassen wir die Korken knallen!“ Zu diesem Satz ließ er sich während der morgentlichen Sticheleien gegen unsere Nachbarn auf dem Zeltplatz (Wiebke Wriggers und Christan Düsterhöft aus dem ASVzR; Crew an Bord der Imagine von Holger Streckenbach aus Greifswald) beim gemeinsamen Frühstück hinreißen.
Am dritten Tag der WM dümpelte das Feld mangels Wind zunächst knapp vier Stunden lang vor Bülk. Gegen Mittag setzte sich der Wind allmählich durch und es konnte endlich gestartet werden. Die erste Wettfahrt des Tages erwischten wir leider sehr schlecht uns konnten nur zwei Schiffe hinter uns lassen. In der zweiten konnten wir nach einem gelungenen Start auf der richtigen Seite unsere Position in harten Kreuzduellen behaupten und mit Platz 22 wieder einen Aufwärtstrend verzeichnen. Für eine andere, uns gut bekannte Crew war die Wettfahrt weniger erfreulich: Da ein Team aus den USA auf der Kreuz knapp am Heck des Gegners passieren wollte und sich dabei verschätzte, rissen sie der Exocet aus Warnemünde ein großes Loch ins Heck. Leider konnten sie den Tag nicht mehr weiter segeln, fanden aber glücklicherweise einen Bootsservice, der Ihnen den Schaden zunächst soweit reparierte, dass sie die folgenden Tage wieder antreten konnten. In der dritten Wettfahrt am dritten Tag konnten wir den Trend fortsetzen und einen 20. Rang erreichen. Erstmals kam es auch zu Disqualifikationen wegen Frühstarts unter „Black Flag“. Die Imagine mit Wiebke und Christian an Bord konnte dabei einen Sieg einfahren! Dieser wurde dann am Abend bei der „all-in-white-party“, gekleidet in Arztkittel aus dem Krankenhaus, noch ein bisschen gefeiert.
Alle Hände voll zu tun bei der Luvtonne.
Am vierten Tag stand wieder eine Offshore-Wertung auf dem Programm. Wieder sollte es nach einer kurzen Startkreuz zwei lange Schläge nach Dänemark geben. Das Rennen begann nach einem guten Start sehr vielversprechend für uns und wir lagen bis nach etwa einem Drittel des Rennens noch immer in der Spitzengruppe. Doch wieder meinte es der Wettergott nicht gut mit uns, die Wettfahrt sollte sich wieder zu einem typischen „Schweinerennen“ entwickeln: Das ganze Feld kommt in einer großen Flaute zum Stillstand. Bis an den Rändern Wind einsetzt, alle vorbei ziehen und die Spitzengruppe in der Mitte fest sitzt und sich das Übel mit ansehen muss. Zu allem Überfluss verzichtete die Wettfahrtleitung auf eine Bahnverkürzung, sodass wir erst gegen Mitternacht nach 16 nervenaufreibenden Stunden auf dem Wasser wieder zurück im Hafen waren. Trotz der Enttäuschung über den letzten Platz in der Tageswertung und den zermürbenden Windverhältnissen war die Stimmung immer gut, was für eine phantastische Crew spricht!
Der fünfte Wettfahrttag begann mal wieder mit? Ja, richtig: Flaute. Um 10:00 zum geplanten Startzeitpunkt wurde dann von einem Wasserski-Fahrer der Antwortwimpel als Zeichen der Startverschiebung durch die wartenden Schiffe gezogen. So verteilte sich das Feld ums Startschiff und man ging baden, säuberte nochmal das Unterwasserschiff und arbeitete an der Seglerbräune.
Badespaß vor Bülk.
Erst am frühen Nachmittag konnte erstmals gestartet werden. Der lange Tag zuvor muss uns doch mehr beansprucht haben, als erwartet. Einige Unkonzentriertheiten führten zu vermeidbaren Fehlern, die wir in den Tagen zuvor nicht gemacht haben. Trotz eines recht guten Starts erreichten wir nur einen 24. Platz von 29 gewerteten Booten. Die zweite Wettfahrt des Tages und gleichzeitig die achte der WM sollte die erste sein, die gleich beim ersten Start ohne Sammelrückruf gestartet wurde. Dafür gab es vom Wettfahrtleiter auch ein promptes Lob über Funk! Unser „Strenger Externer“ (Matthias Lutter, der für die WM als Taktiker an Bord war) trieb nochmal unsere Motivation an und wir konnten uns immerhin um zwei Plätze verbessern.
Im Anschluss flaute der Wind wieder ab, die Wettfahrtleitung wollte aber gerne noch eine Wettfahrt starten. So lag das Feld wieder verteilt in Badeposition um das Startschiff. Über die Außenlautsprecher unserer Funkanlage ertönte die Stimme des Wettfahrtleiters: „Dies ist ein Funk-Test. Jeder Regatta-Teilnehmer, der diesen Funkspruch hören kann, komme bitte am Startschiff vorbei und hole sich Freibier ab.“ Plötzlich brach überall Hektik aus: Badende wurden fix an Bord geholt, Motoren angelassen und alle jagten in Sternfahrt mit voller Kraft dem Startschiff entgegen. Zwei Schlauchboote warteten, randvoll mit Dosenbier gefüllt, das in teils artistischer Art und Weise von den Crews gefangen oder aus dem Wasser gefischt werden musste. Damit wurden auch die weiteren Wettfahrten für den Tag abgesagt und alle fuhren begeistert von der gelungenen Überraschung wieder dem Hafen entgegen.
Viel Action auch im Hafen. Es gibt viele schicke Schiffe zu bestaunen.
Am Samstag, dem finalen Tag wurden die beiden Startgruppen in der Klasse B nicht nach geraden und ungeraden Platzierungen in der Gesamtwertung gebildet, sondern in erste und zweite Hälfte: Die Gold- und Silverfleet. Zum Abschluss gab es nochmal 20kn Wind, sodass einige Crews nach Tagen in der Flaute mit den veränderten Bedingungen stark zu kämpfen hatten. Auch wir haben uns leider verunsichern lassen und sind in eine leichte Hektik verfallen. Nach einem recht guten Start nahm das Unheil seinen Lauf: in einer Halse schoben wir den Spibaum durch den Spi, der sich daraufhin kräftig ums Vorstag wickelte. Als er endlich geborgen war, hatten wir das Lee-Gate schon weit verpasst und mussten auf der Kreuz feststellen, dass auch in unserem altersschwachen Großsegel ein großer Riss klaffte. So konnten wir zwar nicht nochmal angreifen, festigten aber mit dem 23. unseren Platz in der Gesamtwertung.
Am späten Nachmittag ging die ORC WM 2014 mit einer feierlichen Siegerehrung zu Ende. Letztendlich haben wir Platz 22 von 28 in der Silverfleet belegt und sind damit insgesamt 51. von 57 in Klasse B geworden. Auf dem Papier mag das zunächst nicht sehr erfolgreich aussehen. Dennoch sind wir stolz auf das Ergebnis, bei dem auch berücksichtigt werden muss, dass weniger als die Hälfte der Crews mit Amateur-Status angetreten ist. Der ASVzR wurde also würdig vertreten und wir danken dem Verein, dass er uns die Teilnahme überhaupt erst ermöglicht hat. Den Weltmeistern um Jaak Jögi aus Estland auf der X-41 Forte gratulieren wir recht herzlich! Auch den Siegern aus den Klassen A (Enfant Terrible von Alberto Rossi aus Italien) und C (Low Noise von Duccio Colombi, ebenfalls aus Italien) gratulieren wir natürlich für ihre großartige Leistung.
Die Sieger der Herzen: Steven, Malte, Matthias, Frank, Gunnar, Sascha, Hauke und Matthias Lutter (nicht im Bild).
Insgesamt war die WM eine tolle Erfahrung für uns. Angefangen von der aufwendigen Vorbereitung, die viele Stunden Arbeit bedeutete, über das intensive Training bis zum krönenden Abschluss mit sechs Tagen Regatta in Kiel haben wir viel gelernt, tolle Segler kennengelernt und eine Menge Spaß gehabt.